Valentianus II.
(Reg. 375 - 392)
Als Kaiser Valentinianus I. am 17. November 375 starb, regierte sein Bruder Valens seit 364 als Mitkaiser den Osten des Reiches, der Sohn Gratianus war seit 367 mit der Regierung des Westens beauftragt. Nach dem Tod des Vaters sollte Gratianus eigentlich zum Alleinherrscher im Westen aufsteigen. Doch die Donaulegionen waren unzufrieden, da sie in der letzten Zeit wenig politischen Einfluß hatten geltend machen können.
Sie riefen in Aquincum (Budapest) Flavius Valentinianus II., den jüngeren Stiefbruder des Gratianus, zum Mitkaiser aus. Der gerade vierjährige Knabe weilte mit seiner Mutter Iustina auf einem Landgut in 150 km Entfernung. Boten eilten zu ihm, setzten ihn in eine Sänfte und am 22. November 375 wurde Valentinianus im Heerlager zum Augustus erhoben. Die treibenden Kräfte hinter dieser Thronerhebung waren Flavius Equitius, oberster Heerführer der Donauprovinzen, und der Franke Merobaudes, als "magister peditum praesentalis" Kommandeur der Fußtruppen im kaiserlichen Stab. Mit Iustina übernahmen sie faktisch die Regierung für das unmündige Kind. Valentinianus sollte nie eigenständig regieren. Seit 383 war der tüchtige Franke Bauto sein maßgeblicher Ratgeber, nach dem Aufstand des Magnus Maximus in Italien mußte der Kindkaiser sich in das Herrschaftsgebiet des Theodosius (Kaiser im Osten seit 379) flüchten, der ihm später gnädig gerade noch die Verwaltung der Präfektur Gallien überließ. Theodosius bestimmte auch den Franken Arbogast nach Bautos Tod zum neuen Berater Valentinianus. Auf Veranlassung seines Beraters wurde Valentinianus am 15. Mai 392 in Vienne in Südfrankreich ermordet.
Das bedeutendste Ereignis während der Regierungszeit des Valentinianus (aus heutiger Sicht) war der "Streit um den Victoriaaltar". Am 28. August 29 v.Chr. weihte Octavian (später Kaiser Augustus) in der Curia Iulia, dem Versammlungsraum des Senats, einen neuen Victoriaaltar ein und schmückte ihn mit einer berühmten aus Tarent stammenden Statue. Der Kult für diese Göttin war so bedeutend, daß die "Victoria Augusta" schließlich religiöses und rechtliches Symbol des römischen Reiches wurde. Während der nächsten Jahrhunderte fanden die Senatssitzungen unter dem Schutz der Victoria die Senatssitzungen statt. Die nach Constantinus einsetzende Christianisierung sollte auch vor diesem geheiligten Symbol nicht haltmachen. Constantius II. ließ den Altar 357 erstmals entfernen, Julianus II. setzte ihn wieder ein, Gratianus entfernte ihn 382 erneut.
Im Herbst 384 nahm der heidnische Stadtpräfekt Symmachus an, daß die Zeit der alten Religion gewogen sei. In einer kunstvollen Rede vor dem Kaiser und seinen Ratgebern plädierte er für die Rückführung des Altars. Die Argumente des Symmachus waren so überzeugend, daß selbst die christlichen Mitglieder der Ratsversammlung für die Gewährung der heidnischen Forderungen stimmten. In höchster Eile verfaßte daraufhin Bischof Ambrosius von Mailand einen Brief, mit dem er den Kaiser umstimmen konnte. Ein späteres Schreiben wiederlegte rhetorisch vollendet die Argumente des Symmachus.
In der Sache markierte dieser Streit einen weiteren entscheidenden Sieg des Christentums. Symmachus und Ambrosius trugen ihren Disput allerdings auf solch einem hohen geistigen Niveau aus, daß ihre Schreiben noch nach über 1.600 Jahren zu den Meisterwerken der Rhetorik zählen.
Zur Münzgeschichte: Valentinianus II. nennt sich auf seinen Münzen häufig ebenso wie sein Vater D N VALENTINIANVS P F AVG. Die Uniformität der Portraits in der Spätantike macht die Unterscheidung schwierig. Der Kopf Valentinianus II. ist etwas schmaler gezeichnet und die Gesichtszüge sind jünger. Wenn allerdings keine Vergleichsstücke vorliegen, sind alleine am Portrait die Münzen von Vater und Sohn kaum zu unterscheiden. Natürlich gibt es genügend Fachbücher, in der die spätantike Münzprägung im Zusammenhang behandelt wird und die eine exakte Zuordnung der Münzen sicherstellen.