Honorius
Die Teilung des Reiches und der Fall der Stadt Rom (Reg. 393-423n.Chr.)
FLAVIUS HONORIUS wurde am 9. Dezember 384 als Sohn des Kaisers Theodosius I. (379-395) und seiner Gattin Aelia Flaccilla geboren. Mit Theodosius I. starb am 17. Januar 395 der letzte Herrscher über das gesamte römische Imperium - über Ost- und Westrom.
Wie fast alle Herrscher vor ihm, hatte auch er danach gestrebt, eine Dynastie zu gründen. Länger, als jemals bei einem seiner Vorgänger im Römischen Reich, sollten seine Blutserben regieren - im Osten bis 450, im Westen bis zum Jahre 455.
Keiner seiner Söhne und Enkel hat allerdings die Bezeichnung Herrscher verdient. Sie gelangten als Kinder an die Macht, erreichten nie eine politische Selbständigkeit, verließen selten den Palast oder die Residenzstadt. Keinem kam auch nur entfernt der Gedanke, sich an die Spitze des Heeres zu stellen - in einer Zeit, als der Feind nicht mehr nur an den Grenzen, sondern mitten im Herzen des Reiches stand. Der Historiker Alfred Heuß sagt zurecht: "Das Römische Reich hatte gewiss schon schlechtere und vor allem menschlich abstoßendere Herrscher gesehen, es ist aber bis dahin noch nie über einen gleich großen Zeitraum das Opfer einer so eindeutigen politischen Unfähigkeit gewesen."
Am 23. Januar 393 wurde Honorius zum Augustus des Westens ernannt. Sein Bruder Arcadius war seit 383 - gerade sechs Jahre alt - Augustus im Osten. Auf dem Totenbett vertraute Theodosius seinen jüngsten Sohn der Obhut des Stilicho an. Dieser war Sohn eines Vandalen und bekleidete zu jener Zeit das Amt eines Heermeisters ohne Kollegen (magister utriusque militiae). Honorius sollte während seiner Regierungszeit keine Rolle mehr im politischen Leben spielen. Die beiden Ehen mit Maria und Thermantia, den Töchtern Stilichos, blieben kinderlos. Die Residenzstadt Ravenna verließ er nur zu einigen Reisen nach Rom. Im Jahre 423 starb der Kaiser an der Wassersucht.
Zur gleichen Zeit stand das Römische Reich an einem entscheidenden Wendepunkt seiner Geschichte. Die Herrscher des Ost- und Westreiches - oder besser deren Ratgeber - mochten eine Vormachtstellung ihres Kollegen nicht mehr akzeptieren. Jeder Reichsteil wurde selbständig verwaltet, es gab erbitterten Streit um Grenzziehungen. Das Jahr 395 bezeichnet die Teilung in West- und Ostrom. Das Weströmische Reich ging 480 unter, während aus dem Oströmischen Reich Byzanz neu erstehen sollte.
Das Westreich wurde immer stärker von allen Seiten attackiert. In den Jahren 406-408 ging Britannien an Angeln, Sachsen und Jüten verloren. Am 31. Dezember 406 fiel die Rheingrenze. Die Westgoten unter ihrem König Alarich hatten sich mit Ostrom verbündet. Stilicho als Heermeister des Honorius und Alarich als Gegner sollten in den nächsten Jahren viele verlustreiche, nutzlose Kämpfe miteinander austragen. Der Gotenkönig gewann schließlich die Oberhand. Um wenigstens Italien zu schützen, schloss Stilicho gegen Zahlung von 4.000 Pfund Gold einen Stillhaltevertrag mit Alarich. Dies nahmen der Senat und das Kaiserhaus zum Anlass, Stilicho des Verrats zu bezichtigen. Der Heermeister wurde abgesetzt und obwohl er Asyl in einer Kirche suchte, am 22. August 408 in Ravenna ermordet.
Damit war der Weg frei für Alarich. Er fiel erneut in Italien ein. Honorius machte ihm keine Zugeständnisse. Selbst als Alarich mit Priscus Attalus einen Gegenkaiser aufstellte, erzeugte dies keine Reaktionen. So zogen die Goten gegen Rom. Die Stadt war zwar nicht mehr Residenz-, aber immer noch Hauptstadt.
800 Jahre war Rom nicht mehr in Feindeshand gewesen. Am 14. August 410 fiel die Stadt durch Verrat und wurde drei Tage lang geplündert. Um Italien zu retten, wies man den Goten nunmehr Raum in Südgallien zu, wo sie 412 einrückten. In den folgenden Jahren fochten mehrere Heermeister für Honorius Kämpfe gegen verschiedene Usurpatoren und versuchten immer wieder, die Germanen in die Schranken zu weisen. Bevölkerung und Soldaten litten schwer in dieser Zeit, die Armee verlor mehr als die Hälfte ihrer Truppen im Kampf. Honorius weilte derweil in Ravenna und kümmerte sich mehr um seine Geflügelzucht als um das Wohl des Staates.
Zur Münzgeschichte:Unter Honorius wurden Bronzemünzen von 15 bis 22 mm Durchmesser geprägt. Die antiken Namen dieser Münzen sind uns nicht bekannt. Silbermünzen waren Siliqua, Halbsiliqua und die sehr seltene Miliarense. Goldmünzen (Solidus und Teilstücke) wurden in großem Umfang geprägt. Sie dienten unter anderem für die Tributzahlungen an die Goten. Schlagwortartig werden auf den Prägungen immer die gleichen Aussagen wiederholt. Man beschwört den Ruhm der Römer (GLORIA ROMANORUM), die Stärke des Heeres (VIRTUS EXERCITI), die Einheit oder die Siege der Herrscher (CONCORDIA / VICTORIA AVGUSTORUM) - starke Worte angesichts des Niedergangs des Reiches.