Gordianus I. und Gordianus II.
Vater und Sohn für wenige Tage Kaiser im Jahre 238
Wenige Tage im Frühjahr 238 - nach neueren Untersuchungen sollen sich die Ereignisse im Januar des Jahres abgespielt haben - machten Nordafrika kurzfristig zum Mittelpunkt des römischen Reiches. Dort gab es einen Steuereinnehmer - sein Name ist uns nicht überliefert - der sein Amt in erpresserischer Weise ausübte. Ein Teil der Steuereinnahmen wanderte immer in private Taschen, aber dieser Mann schien es sich zum Ziel gesetzt zu haben, wohlhabende Grundbesitzer völlig zu ruinieren. Endlich schlossen sich einige Grundbesitzer der Region um Thysdrus - dem heutigen El Jem - zusammen, mobilisierten ihre Sklaven und die Bauern der Umgebung und ermordeten den Prokurator und seine Eskorte. Damit war aber der Landfrieden gebrochen, die römische Zentralregierung würde diesen Angriff gegen ihren Vertreter sicher mit aller Schärfe ahnden. Eine Strafexpedition war nur noch eine Frage der Zeit. Es gab nur noch einen Ausweg.
Die gesamte Provinz musste zum Aufstand gegen Rom bewegt und eine Führungsperson zum Kaiser gegen den regierenden Maximinus I. ernannt werden.
Zu dieser Zeit war MARCUS ANTONIUS GORDIANUS SEMPRONIANUS Statthalter der Provinz Africa. Der reiche Gutsbesitzer war im Jahre 158 geboren und bereits 80 Jahre alt. Er hatte seine politische Karriere recht spät begonnen, erst in seinem sechsten Lebensjahrzehnt wurde er Konsul. Ihm bot man den Kaiserpurpur an. Nach kurzer Bedenkzeit stimmte er seiner Ernennung zum Augustus zu, drang aber darauf, daß als Mitkaiser sein gleichnamiger Sohn gewählt wurde. Wenig später zogen die beiden Gordiani feierlich in Karthago ein, bejubelt von der gesamten Bevölkerung, ihren Namen fügten sie die Ehrentitel ROMANUS und AFRICANUS zu. Gleichzeitig machte sich eine Abordnung auf den Weg nach Rom, um den Senat und die Bevölkerung der Hauptstadt von der Erhebung zu unterrichten. Der Senat begrüßte mehrheitlich diese Entscheidung. Man war Maximinus seit jeher nicht wohlgesonnen. Da dieser sich zu jener Zeit auf dem Balkan aufhielt, wo er in Kämpfe gegen Sarmaten und Daker verwickelt war, konnte er kurzfristig nichts gegen diese Entscheidung unternehmen. Jetzt war es nicht mehr nur ein Aufstand Africas gegen Rom, sondern der Senat stellte sich gegen einen ungeliebten Herrscher. Nach langer Zeit ergriff nun nicht das Heer, sondern die zivile Verwaltung die Initiative. Die wenigen uns überlieferten Zeugnisse belegen, daß die beiden Gordiani in den meisten Provinzen als rechtmäßige Herrscher anerkannt wurden.
In Nordafrika griff mittlerweile Capellianus, der Statthalter von Numidien, in das Geschehen ein. Er war ein fanatischer Bewunderer des Maximinus und ein persönlicher Feind des älteren Gordianus, mit dem er in einem Rechtsstreit lag. Capellianus zog mit einer kleinen Armee regulärer Soldaten gegen die Gordiani. Deren "Armee" war zahlenmäßig überlegen, bestand aber fast ausschließlich aus Zivilisten, die sich mit Dolchen, Äxten oder Jagdspießen ausgerüstet hatten. Die Schlacht - wenn man sie denn so bezeichnen darf - endete in einem Massaker. Gordianus II. starb auf dem Schlachtfeld, der Leichnam wurde nie gefunden. Sein Vater hatte sich bereits vorher selber das Leben genommen. Die Regierung der beiden Gordiani hat höchstens 20 Tage gedauert.
Zur Münzgeschichte: Trotz der Kürze der Regierung gab es keine "Notausgaben" für die beiden Kaiser. Die Münzen wurden in Rom mit der gewohnten guten Qualität hergestellt. Dies zeigt, wie schnell und effizient die Münzstätte arbeiten konnte. Geprägt wurden für beide Kaiser nur Denare und Sesterzen. Die Titulatur der beiden Kaiser ist identisch, ihre Portraits aber leicht zu unterscheiden. Der ältere Gordianus zeigt vor dem Lorbeerkranz noch Haare auf der Stirn, während das Portrait seines Sohnes eindeutig eine Stirnglatze ziert.