Julianus beschwört die alten Götter Roms
Iulianus ging vor allem deshalb in die Geschichte ein, weil ihn christliche Geschichtsschreiber später den Abtrünnigen nannten: Flavius Claudius Iulianus II., Kaiser von 355 bis 363, allgemein bekannt unter dem Namen Iulian Apostata. Dabei hatte dieser gebildete Gelehrten-Kaiser im Grunde nichts anderes getan als eine Forderung zu erfüllen, die vor allem die christlichen Märtyrer 300 Jahre zuvor erhoben hatten: die nach der Religionsfreiheit. Die war nämlich abhanden gekommen, nachdem das Christentum zur Staatsreligion erhoben worden war.
Iulianus, ein Neffe Constantinus des Großen, geboren 331 in Constantinopolis, hatte in Nicomedia, Athen und Caesarea Philosophie und Religionswissenschaften studiert. Als Liberaler war er dafür, alle Religionen zu tolerieren und bekam dafür viel Beifall, vor allem, weil das Papsttum, das sich in Rom installiert hatte und die Kaiser zu bevormunden begann, unter sich einen Religionsstreit anzettelte, den die Masse der Gläubigen nicht verstand: Es ging darum, ob Gott Sohn mit Gott Vater wesensgleich sei und um ähnliche Abstrakta.
355 wurde Iulianus Mitregent seines Vetters Constantius II. und regierte Gallien von Lutetiae (Paris) aus. Hier betrieb er eine geschickte Verwaltungspolitik, hielt die Alemannen nieder und öffnete hier die alten Tempel wieder. Das Volk, Heiden wie Christen, verehrte ihn und rief ihn 360 zum Alleinherrscher aus, der er dann sowieso wurde, weil sein Vetter ein Jahr später starb. In dieser Eigenschaft mußte er nach Constantinopolis ziehen und das Reich gegen die Perser schützen. Mit 32 Jahren starb er hier an Kriegsverletzungen. Iulianus hinterließ viele philosophische Schriften, die seine humane Weltanschauung zeigen und worin er dem Dogma der Christen ein liberales Heidentum gegenüberstellt. Die Ausübung beider Religionen (oder anderer) solle ohne Zwang von oben ermöglicht werden.
Auch in der Münzgeschichte schlug sich das nieder. Iulianus Apostata war zunächst einmal der erste, der sich nach Constantinus dem Großen auf Münzen wieder mit Bart zeigte, was seit Constantinus wieder verpönt war. Überhaupt bieten die Portraits von Iulianus dem Portraitsammler eine Fülle verschiedener Gesichter: vom Jüngling ohne Bart bis zum langbärtigen griechischen Philosophenkopf gibt es sehr viel zu entdecken.
Die schönste und begehrenswerteste Münze des Kaisers aus Paris ist jedoch die berühmte Großbronze mit dem Apis-Stier auf der Rückseite. Ganz bewußt wählte Iulianus für diesen Stier ohne Münze, auf deren Rückseite sein Vorgänger Magnentius groß das Christogramm aus P und X gesetzt hatte. Für Iulianus verkörperte der Apis-Stier die mystischen alten Religionen. Von Iulianus gibt es auch kleine Bronze-Münzen ohne Namensnennung, in denen er sich aber als DEO SERAPIDI, seraphischer Gott, bezeichnet. Auch diese Münzen sind mit ägyptischen Gottheiten bevölkert wie Isis, Osiris und Anubis. Und doch: die alten Götter kamen nicht zurück ..