Ägypten
Augustus rühmt sich in seinem Tatenbericht, daß er Ägypten als neue Provinz zu einem Teil des römischen Reichs gemacht habe. In Wirklichkeit jedoch betrachteten er und seine Nachfolger die Provinz als persönliches Eigentum. Senatoren benötigten sogar die ausdrückliche Erlaubnis des Kaisers, wenn sie das Land nur betreten wollten. Ägypten war der größte Getreideproduzent im Reich. Das Getreide wurde als Tribut eingezogen und nach Rom verschifft, um die Bevölkerung der Hauptstadt mit billigem oder sogar kostenlosem Brot zu versorgen. Das Fehlen von Getreide in Rom konnte sehr folgenschwer sein und zum Aufstand der Bürger und Sturz des Kaisers führen. Die Provinz, durch Wüsten als physische Barrieren vom übrigen Reich isoliert, war auch verwaltungstechnisch vom Reich getrennt. Ein weiteres Mittel zur Isolierung war der Geldverkehr. Ägypten hatte eine eigene Währung, die nicht außerhalb des Landes zirkulierte. So konnte jeglicher Handel leicht unterbunden werden.
Das gängigste Nominal der Alexandrinischen Münzen (so genannt nach der Hauptstadt Ägyptens, Alexandria) war die Tetradrachme. Die Münze war ca. 11-14 g schwer und gering legiert. Ihr Silbergehalt entsprach dem des römischen Denars, der ca. 4 g wog. Als Bronzemünzen wurden Drachmen und Teilstücke geprägt. Die bis zu 25 g schweren Drachmen standen zur Tetra-drachme im gleichen Verhältnis wie der Sesterz zum Denar eine Tetra-drachme galt vier Sesterze.
Die letzten alexandrinischen Münzen wurden unter der Regierung Diocletians im Jahre 296 geprägt. Die Währungsreform Diocletians brachte auch das Ende der eigenständigen ägyptischen Währung. Die Münzstätte Alexandria blieb aber weiter bestehen und prägte Folles, die im gesamten Reich gültig waren. Die Umschrift der alexandrinischen Münzen ist in griechischer Sprache gehalten. Jede Münze ist datiert. Meist auf der Rückseite findet sich das Zeichen L als Abkürzung für das Wort etouc im Jahre. Die dann folgenden Buchstaben sind als griechische Zahlen zu lesen (eine Auflistung der Zahlzeichen findet sich auf unserem Text über griechische Provinzialprägungen). Der Buchstabe Q für 9 wurde aber fast nie benutzt. Qanatos, der Tod, beginnt mit diesem Buchstaben solch ein böses Omen wollte man vermeiden. Die Zahl 9 wurde als ENATOS ausgeschrieben. Auch 10, 11 und 12 erscheinen häufig als DEKATOS, ENDEKATOS und DODEKATOS.
Diese Zahlen geben das Regierungsjahr des Kaisers an. Gerechnet wurde allerdings nicht nach der römischen, sondern nach der ägyptischen Zeitrechnung. Das ägyptische Jahr begann am 29. August. Das erste Regierungsjahr des Antoninus Pius, der am 10. Juli 138 die Regentschaft übernahm, dauerte in Ägypten also nur 6 Wochen, bis zum 28. August. Auch die Rückseitenbilder verdeutlichen die Eigenheiten der Lokalprägung. Darstellungen der noch aus der Zeit der Pharaonen stammenden altägyptischen Gottheiten finden sich ansonsten auf keinen antiken Münzen. Die folgenden Beispiele zeigen nur ungenügend den Bilderreichtum der alexandrinischen Münzprägung.
SERAPIS wird als Hauptgott dem griechischen Zeus angeglichen. Oft trägt er auf dem Kopf den modius, ein Getreidemaß, und wird vom Höllenhund Kerberos begleitet. ISIS ist die "Gottesmutter", Himmelsgöttin, Weltherrin und Schöpferin aller Kulturen. Ihr Kult breitete sich über das gesamte Mittelmeergebiet aus, und in Rom wurde ihr von Caracalla 217 sogar ein Tempel geweiht. Auf den Münzen ist sie durch den Kopfschmuck aus Hörnern, der Sonnenscheibe und der Uraeusschlange leicht zu erkennen. PTAH erscheint als Mumie, THOT mit dem Gesicht eines Pavians, HARPOKRATES trägt die Hemhemkrone und HERMANUBIS einen Kranz aus Lotusblüten. Auch der Kopf des Flußgottes NILUS ist mit Lotus bekränzt, er hält ein Schilfrohr, und die beiden häufigsten im Nil lebenden Tiere, Nilpferd und Krokodil, sind oft in seiner Nähe. Viele Götter und Personifikationen, wie sie aus der römischen Münzprägung geläufig sind, werden auch auf alexandrinischen Münzprägungen dargestellt, allerdings unter ihrem griechischen Namen. Victoria, die Siegesgöttin erscheint als NIKE, Justitia als Gerechtigkeit ist DIKAIOSYNE. Spes ist als ELPIS Personifikation der Hoffnung, und Fortuna symbolisiert als TYCHE die Unwägbarkeit des Glücks.