Münzen der Kelten
Allen Lateinschülern sind die Kämpfe der Römer gegen die Kelten unter Ariovist und Vercingetorix aus der Lektüre von Caesars "gallischem Krieg" bekannt und alle Freunde von Comics lieben den unbeugsamen Gallier Asterix, der nichts fürchtet, außer daß ihm der Himmel auf den Kopf fiele. Doch die Kelten haben mehr verdient, als daß man sich heutzutage nur auf solche Art an sie erinnert. Zu ihrer Zeit waren sie neben den Griechen und Römern das Volk, welches das Geschehen in Mitteleuropa maßgeblich mitbestimmte.
Vom Herzland ihrer Kultur - Rheinland und Nordfrankreich - breiteten sich die Kelten seit dem 6. Jh v.Chr. über weite Teile Mitteleuropas aus. Sie besiedelten Frankreich, England und Irland. Zum Süden hin wurde die heutige Schweiz und Norditalien Siedlungsgebiet. 390 v. Chr. zogen Kelten bis Rom und steckten es in Brand. Zur gleichen Zeit setzten sich andere Keltenstämme gen Osten in Bewegung, nach Böhmen, Galizien und Ungarn. Über die Donau kam man bis zum Balkan und schickte Gesandtschaften zu Alexander dem Großen von Makedonien. Die griechischen Herrscher nahmen gerne Kelten als Söldner in ihre Dienste und bezahlten sie für ihre Leistungen gut. König Perseus von Makedonien (179-168) v. Chr. bot dem keltischen Anführer Claodicus für eine Kampagne 5 Goldstatere je Fußsoldat, 10 Statere für jeden Reiter und 1000 Goldstücke für ihn selber an, dazu weiteren Gewinn aus Plünderungen. Im keltischen Heimatland hatten sich im Laufe der Jahre einzelne Bauernhöfe zu kleinen Dörfern -"oppidum" - zusammengeschlossen. In solchen größeren Gemeinschaften mit spezialisierten Berufen, mußten die Kelten zwangsläufig zur Geldwirtschaft übergehen. Der Bedarf an eigenem Geld wuchs. Recht bald begannen sie daher, eigenständige Münzen zu prägen.
Dabei nahmen sie die ihnen bekannten griechischen Typen zum Vorbild. Nach ersten reinen Nachprägungen lösten sich die keltischen Stempelschneider immer mehr vom Urtyp und interpretierten das Münzbild neu. Während noch vor wenigen Jahrzehnten vielfach der "rohe" Stil der Keltenprägungen belächelt wurde, sieht man heute die keltischen Münzen als eigenständige Kunstwerke an. Nachdem der Stempel der Vorderseite durch langes Prägen verbraucht war, wurde er so oft umgeschnitten, bis vom Kopf des Herakles nur noch ein Buckel als Andeutung übrigblieb. Hier ist es dem Sammler möglich, regelrechte stilistische Reihen aufzustellen, die zeigen, wie das ursprüngliche Bild immer mehr verfremdet wurde.
Die Boier in Böhmen schufen eine eigene Münzform. Sie prägten die ersten Schüsselmünzen, genannt "Regenbogenschüsselchen". Dem Volksglauben nach findet sich am Ende des Regenbogens ein Goldschatz. In früheren Zeiten fand man in der Tat des öfteren nach einem Regen auf dem Acker solch ein Regenbogenschüsselchen. Die ersten Statere zeigen das auch aus der skythischen Kunst bekannte "Rolltier".
Das Bild verändert sich, je weiter der Typus nach Norden vordringt. Die keltisierten Germanen des Rheinlands prägten die bekannte Schüsselmünze mit dem Dreibein und den Kugeln im Kranz. Dieser ursprünglich in recht gutem Gold ausgeprägte Stater wurde immer geringhaltiger ausgegeben und zur Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. war er zur reinen Bronzemünze abgewertet. Das Zusammenleben von Kelten und Germanen im Rheinland brachte Münzen ganz eigener Art hervor, deren Interpretation sich aufgrund der geringen Kenntnisse über die Kulturen der beiden Völker bis heute verschließt. Wir wissen nicht mehr, warum der Stempelschneider das "Vogelmännchen" als Münztyp schuf oder auf die Vorderseite eines Quinars das "tanzende Männlein" setzte. Sicherlich hatten die abgebildeten Wesen ihren Platz in der keltischen Kultur, doch mit deren Untergang ist uns das Wissen um die Bedeutung verloren gegangen.