Datierung römischer Münzen
Den beginnenden Sammler verwundert es häufig, wenn in Katalogen zur Römischen Numismatik die Prägezeit einzelner Münzen manchmal bis auf Wochen, ja Tage genau angegeben wird. Dabei ist die Datierung römischer Kaisermünzen manchmal die einfachste Sache der Welt - und kann den Numismatiker andererseits vor fast unüberwindliche Schwierigkeiten stellen. Auf vielen römischen Münzen werden Titel und Ämter des Herrschers angegeben. Bis zum Anfang des 3. Jahrhunderts ist eine ausführliche Titulatur fast die Regel. Da wir aus anderen Überlieferungen wie Inschriften und Texten antiker Autoren oft sehr genau über das Datum der Ehrenverleihung Bescheid wissen, ist dies der erste Anhaltspunkt.
Die wichtigsten Ämter waren das Consulat und die tribunizische Gewalt. Diese Ämter trat der Kaiser mehrmals an, die tribunizische Gewalt übte er in der Regel während seiner gesamten Regierungszeit aus. Die Amtszeiten waren auf ein Jahr befristet und jede Erneuerung wurde gezählt. Das Consulat wurde am 1. Januar angetreten, das Amt des Volkstribunen bekleidete der Herrscher das erste Mal am Tag seiner Regierungsübernahme, danach begann die neue Zählung jeweils am 10. Dezember jedes Jahres.
Wenn auf einer Münze des Kaisers Commodus die Titulatur mit COS VII, TR P XVIII (Consul zum 7., Volkstribun zum 18. Male) angegeben wird, so wissen wir heute ganz genau, dass diese Münze zwischen dem 10. und dem 31. Dezember 192 geschlagen worden sein muss.
Auch die Angaben, wie oft der Kaiser zum Imperator ernannt wurde oder ob der Titel eines Germanicus, eines Siegers über die Germanen, auf den Münzen erscheint, geben weitere Datierungskriterien. Hier kann ein Zeitraum oft nicht exakt festgemacht werden, aber man weiß immerhin, dass eine Münze nach einem gewissen Zeitpunkt geprägt worden sein muss.
Was aber, wenn alle diese Angaben fehlen? Augustus beispielsweise bezeichnet sich auf vielen Münzen ganz simpel als AVGVSTVS DIVI F - Augustus, Sohn des Gottes (damit ist Caesar gemeint). Von der Umschrift her kann dann nur gesagt werden, dass die Prägung nach 27 v.Chr. erfolgt sein muss. In diesem Jahr nahm er den Augustustitel an. Hadrianus nennt sich auf einem Großteil seiner Prägungen HADRIANVS AVGVSTVS auf der Vorderseite, die Rückseite trägt die Umschrift COS III. Auch hier kann erstmal nur auf das Jahr 125 geschlossen werden. Trotzdem gibt es, wie in folgenden Beispielen angeführt, weitere Möglichkeiten, genauere Aussagen zu erhalten.
Die römische Münze ist nicht einfach nur ein Zahlungsmittel, wie z. B. ein heutiges 5 DM Stück, sondern immer in die aktuellen geschichtlichen Ereignisse eingebunden. In einer römischen Münze spiegelt sich - vereinfacht gesagt - das politische und wirtschaftliche Leben Roms.
So kann man gewisse Münzreihen einzelner Herrscher thematisch zusammenfassen und sie bestimmten Ereignissen zuordnen. Zur Zeit des "Reisekaisers" Hadrianus gibt es eine sehr schöne Reihe von Münzen, auf denen die einzelnen Provinzen des Römischen Reiches dargestellt werden. Logischerweise müssen diese Prägungen zur Zeit einer dieser Reisen entstanden sein.
Auch die Kunstgeschichte liefert ihren Beitrag zum Datierungsproblem. Die Regierungszeit einiger Herrscher dauerte 20 Jahre und länger. Zwar änderte sich die Stilrichtung in der Kunst damals nicht so radikal wie heutzutage, aber im Laufe einer langen Regierungszeit schälen sich doch unterschiedliche Portraittypen heraus und selbst das ungeübte Auge lernt schnell, jugendliche von älteren Portraits zu unterscheiden.
Eine genaue Datierung von antiken Münzen ist natürlich nicht Selbstzweck. So sind einmal bei archäologischen Ausgrabungen Münzen oft die einzige Möglichkeit, über ein Bauwerk verlässliche Daten zu erhalten. Das Ende des Legionslagers Haltern in Westfalen konnte beispielsweise nur aufgrund einiger weniger Münzen festgelegt werden. Andererseits gibt es Herrscher, über deren Regierungszeit wir aus schriftlichen antiken Quellen kaum etwas wissen, deren Münzprägung aber reichlich überliefert ist. Hier kann uns die Münzprägung helfen, Licht in die ansonsten dunkle Regierungszeit dieser Herrscher zu bringen.
Diese Ausführungen treffen - so vereinfacht sie auch sind - nur auf die ersten drei Jahrhunderte des römischen Kaiserreiches zu. Der Wechsel vom Prinzipat zum Dominat brachte auch einen Wechsel in der Organisation der Münzprägung mit sich. Dadurch ergeben sich ganz andere Probleme bei der Datierung spätrömischer Münzen, die an anderer Stelle erörtert werden sollen.