1000-Jahrfeier Roms
100-Jahrfeiern sind etwas ganz besonderes, vor allem in unserer heutigen schnellebigen Zeit. Liegt ein epochales Ereignis gar 200, 500, oder sogar 1000 Jahre zurück, finden nicht selten große Feierlichkeiten statt, die auch in den verschiedenen Medien gebührend gewürdigt werden. Dabei erscheint nicht selten der Begriff des Saeculums für einen Zeitabschnitt von 100 Jahren. Ein Saeculum bezeichnete für die Römer ursprünglich die Dauer einer menschlichen Generation von ungefähr 30 Jahren, dann auch ein ganzes Jahrhundert, da man annahm, daß kein Mensch länger als diese 100 Jahre leben könne. Solch ein Zeitabschnitt ein Generationenwechsel war nicht nur im privaten Bereich von Wichtigkeit, sondern auch im öffentlichen Leben konnte der Übergang in eine neue Ära oft von immenser politischer Bedeutung sein.
Als erster römischer Kaiser richtete Augustus im Jahre 17 v. Chr. Feiern aus Anlaß des Anbruchs eines neuen Zeitalters aus. Dies war für ihn ein bedeutender Akt der politischen Selbstdarstellung. Dabei traf es sich gut, daß Augustus bei den Berechnungen der saecula auf etruskische Priester zurückgreifen konnte. Sie nahmen an, daß nur die ersten vier saecula einen Zeitraum von 100 Jahren umfaßten, die nächsten Abschnitte 123 oder 119 Jahre dauerten. Säkularspiele haben nach Augustus aufgrund dieser unterschiedlichen und komplizierten Berechnungen unregelmäßig stattgefunden: 47 unter Claudius, 88 unter Domitian, 204 unter Septimius Severus.
Der römische Dichter und Gelehrte Marcus Terentius Varro (116-27 v. Chr. ) berechnete in einer damals epochemachenden Schrift das Gründungsdatum Roms auf den 21. 4. 753 v. Chr. Infolge dieser Berechnung feierte Kaiser Philippus I. die 1000-Jahrfeier der Stadtgründung vom 21. -23 April 248 in Rom. Wie Kaiser Augustus wird Philippus den wichtigsten Göttern geopfert haben Jupiter und Juno, Apollo und Diana, Terra Mater und den Schicksalgöttinnen den Parzen. Für die Bevölkerung der Stadt und alle Menschen, die wegen dieser Feiern aus der Ferne angereist waren, bildeten jedoch sicherlich die Zirkusspiele den Höhepunkt des Festes. Philippus konnte hier aus dem Vollen schöpfen, denn sein Vorgänger Gordianus III. hatte vorgehabt, seinen Sieg über die Perser in großem Rahmen zu feiern und hatte bereits entsprechende Vorbereitungen getroffen. Zweiunddreißig Elefanten, zehn Elche, zehn Tiger, sechzig zahme Löwen, zehn Hyänen, 1000 Paare kaiserliche Gladiatoren, sechs Flußpferde, ein Nashorn, zehn wilde Löwen, zehn Giraffen, zwanzig wilde Esel, vierzig Wildpferde und unzählige weitere Tierattraktionen wurden dem Publikum dargeboten (Man beachte in der Aufzählung des antiken Geschichtsschreibers den Stellenwert der Gladiatoren). Um der ganzen Bevölkerung des Römischen Weltreiches diese Freigiebigkeit zu zeigen, ließ Philippus eine Gedenkmünzenserie prägen. Die Münzen meist Antoniniane oder Sesterze zeigen Löwe, Wölfin mit Romulus und Remus, Ziege, Gazelle, Antilope, Hirsch (oder Elch) und Nilpferd. Eine Säule trägt auf der Münze nur die Inschrift COS III (Consul zum dritten Male), die Originalsäule stand sicherlich an einem prominenten Platz in Rom, um auch in Zukunft an diese Ereignisse zu erinnern. Diese Münzen haben als Inschrift SAECVLARES AVGG die Feierlichkeiten am Ende der alten und zu Beginn einer neuen Ära. Eine weitere Prägung zeigt den Tempel der Göttin Roma. Die Legende SAECVLVM NOVVM blickt in die Zukunft auf dieses "Neue Zeitalter".
Auf der Rückseite der Münzen aus dieser Serie findet sich jeweils unten (im Abschnitt) ein römisches Zahlzeichen zwischen "I" und "VI". Hier gewinnen wir erstmals deutlich einen Einblick in die Arbeitsweise einer römischen Münzstätte. Jeder Typ wurde in einer anderen "Offizin" (Unterabteilung) geprägt. Alle Offizinen stellten Münzen für Philippus I. her, Offizin III prägte darüber hinaus noch die Antilope für Philippus II. und Offizin IIII das Nilpferd für Otacilia Severa. Und erinnern uns diese römischen Saecularprägungen nicht auch an unser modernes Geld? Die erste Gedenkmünze der Bundesrepublik Deutschland im Wert von 5 DM erschien 1952 anläßlich der 100-Jahrfeier des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg. Auf der Rückseite steht der Buchstabe "D" als Zeichen der Münzstätte München.