Römische Seefahrt
Das Zentrum der antiken Welt war das Mittelmeer. Wer den Kampf um die Vorherrschaft gewinnen wollte, musste auch die See beherrschen. Im ersten punischen Krieg (264-241 v.Chr.) standen die Römer zum ersten Mal Feinden gegenüber, die durch ihre Schiffe Herren der Meere waren. Rom konnte den Küsten Italiens gegen die Überfälle der Karthager keinen Schutz gewähren. Aus der Notwendigkeit heraus, der karthagischen Marine die Stirn bieten zu müssen, bauten die Römer in kurzer Zeit eine stattliche Flotte, mit der sie die Feinde besiegten. Als Modell für die neuen Schiffe diente das Wrack einer karthagischen Galeere.
Rom musste auch Rückschläge hinnehmen. Durch nautisches Ungeschick verlor man innerhalb von fünf Jahren vier Flotten. Doch am Ende besiegte die Landmacht Rom die Seemacht Karthago mit deren eigenen Waffen. Das Kriegsschiff jener Zeit war die Triere oder Trireme. Eine Galeere mit drei übereinanderliegenden Ruderbänken, das Ruder (Riemen) mit je einem Mann besetzt. Bei einem Fünfruderer konnten die beiden oberen Ruder mit zwei, das untere mit einem Mann besetzt sein, oder alle Riemen in einer Linie, mit je fünf Ruderern zugleich.
Flaggschiffe waren entsprechend grösser. Die Staatsgaleere Ptolemäus IV. von Ägypten (222-205 v.Chr) soll ein Vierzigruderer gewesen sein. Die gefährlichste Waffe der antiken Galeeren war der Rammsporn. Er war am Bug gerade unterhalb der Wasserlinie befestigt und gabelte sich meist in drei Zacken. Einem Torpedo gleich schossen die Schiffe aufeinander zu, und versuchten sich seitlich zu rammen. Ein unterhalb der Wasserlinie aufgeschlitztes Schiff sank in kürzester Zeit.
Neben den Ruderern an den Riemen (die übrigens keine “Galeerensklaven“ sondern Soldaten waren) fuhren auf den römischen Galeeren noch Seesoldaten mit. Ein römischer Fünfruderer war mit 300 Seeleuten und 120 Seesoldaten bemannt. Hier lag der entscheidende Vorteil der römischen Flotte. Die Römer verstanden es, den Landkrieg auf See zu verlegen. Anstatt die feindlichen Schiffe nur zu rammen, fuhren sie längsseits, eine Enterbrücke krachte auf das gegenüberliegende Deck und die kampferprobten Legionäre stürmten das gegnerische Schiff.
Die letzte grosse Seeschlacht der römischen Geschichte fand am 2. September 31 v.Chr. statt, als Augustus und Agrippa die Flotten von Antonius und Kleopatra bei Actium vernichtend schlugen. Danach war die Marine in keine Seeschlachten mehr verwickelt, denn sie beherrschte die Meere. Sie sicherte die Wasserwege gegen das nicht einzudämmende Piratenunwesen und wurde zum Truppentransport eingesetzt. Außer im Mittelmeer kreuzten römische Kriegsschiffe auch auf Rhein, Donau und im Schwarzen Meer. Zwischen Frankreich und England fahrend, unterstützten und versorgten sie die dort stationierten Landtruppen.
Das Aussehen der Kriegsschiffe veränderte sich während der Jahrhunderte nur unwesentlich. Der Bug (prora) oberhalb des Rammsporns endete in einer grossen Volute, die zur Kaiserzeit manchmal durch eine Plattform ersetzt wurde. Die gebogene Heckzier (aphlaston) war höher als die Bugzier. Unter ihr stand eine kleine Hütte für den Kapitän und dies war auch der Platz für Militärstandarten. Am Heck waren zwei grosse Seitenruder als Steuer angebracht. In der Schiffsmitte konnte bei gutem Wind ein Mast mit Segel aufgerichtet werden, ein Bugsegel gehörte erst während der Kaiserzeit zur Standardausrüstung.
Neben den Kriegsschiffen gab es die sehr viel wichtigeren Handelsschiffe. Leider wissen wir über diese recht wenig, da sie auf antiken Münzen oder Reliefs kaum abgebildet werden. Als Transportschiffe liefen sie meist unter Segeln. Die Schiffskörper waren bauchiger als die der Galeeren. Das normale Handelsschiff fasste 250 Tonnen, es gab auch “Superfrachter“ zu 1.200 Tonnen. Ein Kauffahrer lief bei ruhiger See ca. 4-6 Knoten und benötigte für die Strecke Rom-Alexandria ungefähr 9 Tage.